Biografie

1885

Geboren am 9. August in Erfurt als zweites von fünf Kindern des Kauf-mannes Franz Ritschl; Geschwister: eine ältere Schwester, Lissi sowie drei jüngere Schwestern, Marie, Paula und Gertrud

1891–1902

Nach dem Umzug der Familie, Schulbesuch in Hannover; schreibt 14-jährig sein erstes Theaterstück „Afra“, das er Herman Löns übergibt

1903

Grundausbildung beim Militär

1905

Arbeit in Schreibstuben, danach Bürotätigkeit u.a. am Gouvernementsgericht in Mainz

1908

Tätigkeit an der Landesbank Wiesbaden; schriftstellerische Arbeiten u.a. für das Theater

1914

Tätigkeit als Ausbilder von Landwehrrekruten

1915

Der 30-jährige Autor erlebt die erste Premiere eines seiner Stücke am Hamburger Thalia-Theater; das Manuskript zu „Der Rechnungsdirektor. Komödie in drei Akten von Otto Ritschl“ erscheint als Regie- und Soufflierbuch gedruckt bei Osterheld & Co, Berlin. Heirat mit Dora Nötzel; Wiederaufnahme der Tätigkeit an der Landesbank Wiesbaden

Ritschls Frau Dorothea mit Sohn Helmut, 1923
1918

Erste malerische Versuche; Geburt des Sohnes Helmut

1919

Beurlaubung für ein Jahr von der Tätigkeit an der Landesbank, um sich intensiver der Malerei widmen zu können; Aufgabe der schriftstellerischen Tätigkeit und Vernichtung der Manuskripte; erste Ausstellung seiner Bilder durch den Nassauischen Kunstverein in den Räumen des städtischen Museums Wiesbaden; Verkauf erster Bilder; endgültige Kündigung seiner Stellung als Bankangestellter und Tätigkeit als freischaffender Künstler in Wiesbaden

1920

Reise nach Dresden und Klotzsche zu Conrad Felixmüller, der sein Bildnis malt. Anlässlich einer von der französischen Besatzungsmacht organisierten Ausstellung im Schloss Biebrich, Wiesbaden, Begegnung mit Werken von Künstlern wie Paul Cézanne, André Derain und Henri Matisse, die ihn stark beeindrucken. Wahl zum Vorstandsmitglied des Nassauischen Kunstvereins

1923

Wahl zum Vertrauensmann der Wiesbadener Künstlerschaft; Kontakte- zu Alexej von Jawlensky, der seit 1921 in Wiesbaden wohnt, sowie freundschaftliche Verbindung zu Kollegen wie dem Bildhauer Arnold Hensler, dem Maler und Architekten Edmund Fabri sowie den Malern Ernst Wolff-Malm und Franz Schaurte

1924

Gründung eines Wirtschaftsverbandes für Künstler; künstlerische Auseinandersetzung mit dem Werk Georges Braques

1925

Beteiligung an der Ausstellung „Neue Sachlichkeit“ in Mannheim; die Begegnung mit den Werken anderer Aus-stellungsteilnehmer ist enttäuschend und lässt ihn an den Möglichkeiten realistischer Darstellungsweisen zweifeln; Gründung- der freien Künstlerschaft Wiesbaden, Wahl zum ersten Vorsitzenden- (bis 1933); teilweise Vernichtung der bisherigen Produktion-

1926 – 1929

Verschiedene Reisen nach Paris, u.a. in Begleitung von Franz Schaurte (andere Quellen sprechen von nur einer Reise, 1929); 1929 ein mehrmonatiger Aufenthalt in der französischen Kunstmetropole; Besuch bei dem Kunstschriftsteller Wilhelm Uhde und Auseinandersetzung mit den Werken Fernand Légers, mit dem Synthetischen Kubismus und dem Surrealismus; Begegnung mit Max Ernst; danach Vortragstätigkeit an der Volkshochschule in Wiesbaden

Ritschl, 1927
1932

Letzte Ausstellung des Nassauischen Kunstvereins in Wiesbaden mit abstrakter Kunst, u.a. mit Werken Fritz Winters; Lösung von figurativen Motiven

1933

Beteiligung an einer Ausstellung im Museum Folkwang in Essen; die Bilder werden nach einer Intervention der Nationalsozialisten abgehängt; Rückzug aus der Öffentlichkeit und Weiterarbeit in der Abgeschlossenheit des Ateliers; künstlerischer Austausch mit Alexej von Jawlensky

1934

Begegnung mit dem Swami Yatiswarananda, der sich seit 1933 auf Einladung der Familie Koch in Wiesbaden aufhält; Studien der Vedanta-Lehre, die auch nach dem Umzug des Swamis in die Schweiz (St. Moritz), 1935, und in die USA, 1939, fortgesetzt werden-

1937

Entfernung von „entarteter Kunst“ aus öffentlichem Besitz, darunter auch Bilder von Ritschl; Beschäftigung mit kulturhistorischen Fragestellungen im Zusammenhang mit einem Buchprojekt

1939

Hilfsdienst-Tätigkeit beim Finanzamt Wiesbaden (bis 1942); die Gemälde sind verpackt im Keller gelagert

1941 – 1944

Ausarbeitung von Vortragsmanuskripten zur Vedanta-Lehre; Tod Jawlensky‘s (1941); Vermisstenmeldung des Sohnes (1942), Zerstörung des Ateliers und dreimaliger Wohnungswechsel

1945

Rückzug in die alte, halbzerstörte Wohnung Rüdesheimer Strasse 35; erste Aquarelle und Gouachen

1946

Wiederaufnahme der Malerei und Auseinandersetzung mit Picasso; Beteiligung an der „Allgemeinen deutschen Kunstausstellung“ in Dresden; Bekanntschaft mit Peter Schermuly, der sein Schüler wird; Beginn der freundschaftlichen Kontakte zu Ernst Wilhelm Nay; Kontakt zu Max Ackermann, durch den er den Arzt und Sammler Ottomar Domnick und den Nachlass von Adolf Hölzel kennenlernt

1947

Ausstellung bei Ottomar Domnick in Stuttgart in einer Reihe mit Baumeister, Ackermann, Winter und Meistermann. Im Katalogbuch zur Ausstellungsreihe wird ein Beitrag des Künstlers zum Thema „Schöpferische Werte in der abstrakten Kunst“ abgedruckt.

1948

Mitglied der Rheinischen Sezession und Teilnahme an der ersten Ausstellung; Auseinandersetzungen über den Beitrag Ritschls führen zur Spaltung der Mitgliederschaft; Beteiligung an dem Salon des Réalités Nouvelles, Paris

1949

Gründungsmitglied der Neuen Rheinischen Sezession; Arbeiten zur Geschichte der Philosophie werden in einem dreibändigen Buchmanuskript (unveröffentlicht) zusammengefasst

1950

Mitglied der Neuen Darmstädter Sezession; Mitglied des Westdeutschen Künstlerbundes sowie der Münchner Neuen Gruppe

Im Ehrenhof der Düsseldorfer Kunsthalle, 1950 – Obere Reihe von links nach rechts: Alo Altripp, Dorothea Ritschl, Frau Domnick, Tom Noonan und seine Frau, Ottomar Domnick – Untere Reihe von links nach rechts: Virginia Fontaine, Hanna Bekker vom Rath, Otto Ritschl
1952

Die Zeitschrift „Die Kunst und das schöne Heim“ veröffentlicht einen Beitrag des Künstlers zur „Kunst unserer Zeit“

1954

Beteiligung an der Ausstellung „Internationale Sezession“ in Schloss Morsbroich, Leverkusen; Mitglied des Deutschen Künstlerbundes; Beginn der „geometrischen“ Werkphase

1955

Größere Einzelausstellung zum 70. Geburtstag im Neuen Museum Wiesbaden; Beteiligung an der Ausstellung der Gruppe „ZEN“, München; Einladung zur Teilnahme an der ersten großen internationalen Kunstausstellung in Deutschland, der documenta 1 in Kassel; Verleihung der Goetheplakette des Landes Hessen

1958

Tod der Ehefrau

1959

Nochmaliger Wechsel der Formensprache; im Frühjahr Fertigstellung einer 12-teiligen Bilderserie; Kunstpreisträger der Künstlerbundausstellung; Teilnahme an der documenta II, Kassel

1960

Verleihung des Villa-Romana-Preises; Fertigstellung des Wandbildes im Treppenhaus des Neubaus für das Physikalische Institut der Universität Marburg; Einzug in das neuerrichtete Atelierhaus am Stadtrand von Wiesbaden in der Schumannstraße 50; Verleihung des Bundesverdienstkkreuzes Erster Klasse

Ritschl begutachtet den Rohbau seines Ateliergebäudes, 1959
Ritschl, 1961
1961

Ausstellung zum 75. Geburtstag im Von-der-Heydt-Museum, Wuppertal; Schenkung einer größeren Anzahl von Bildern an den Kunst- und Museumsverein in Wuppertal

1963

Bekanntschaft mit Wolff Mirus, der die nächsten 13 Jahre sein Schüler und Assistent wird

1964

Fertigstellung des Bildes für den ehemaligen Plenarsaal im Landeshaus in Wiesbaden

1965

Ehrenmedaille in Gold der Stadt Wiesbaden; das Erste Deutsche Fernsehen sendet ein Ritschl-Porträt; Ausstellung zum 80. Geburtstag, Mittelrhein-Museum Koblenz

1970

Ausstellung zum 85. Geburtstag in den Räumen des Be-rufsverbandes Bildender Künstler in München; für den Katalog der Ausstellung verfasst der Künstler seine „Biographischen Notizen“; Ausstellung im Mittelrhein-Mu-seum Koblenz; als Begleitbuch erscheint eine Monographie mit einem bebilderten, von Wolff Mirus bearbeiteten Werkverzeichnis sowie Texte mit Interpretationen der Bildthemen von Dr. M. Velte, von denen sich Otto Ritschl in einer vorangestellten Erklärung distanziert. Veröffentlichung einer Aphorismensammlung mit dem Titel „Der Springende Punkt“

1970/71

Arbeit an Manuskripten für zwei Schauspiele mit den Titeln „Die Meinungsmacher“ und „Der Hexenstein“; die Dreiakter werden fünf Jahre später im Selbstverlag herausgegeben

1972

Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes

1973

Ausgehend von den Vorarbeiten des Koblenzer Katalogbuches erscheint ein vollständiges Werkverzeichnis, bearbeitet von Wolff Mirus

1975

Ehrenplakette der Landeshauptstadt Wiesbaden

1976

Gestorben am 1. Juli in Wiesbaden

Ritschl Signatur